Jewgeni Walentinowitsch Bersin

Jewgeni Bersin

Jewgeni Walentinowitsch Bersin (russisch Евгений Валентинович Берзин / Jewgeni Walentinowitsch Bersin; auch Eugeni Berzin, Eugenio Berzin, Jewgeni Berzin oder Evgueni Berzin; * 3. Juni 1970 in Wyborg) ist ein ehemaliger russischer Radrennfahrer.

Amateur

Bersin durchlief zunächst die sowjetische Radrennfahrer-Schule in Leningrad als Bahnfahrer. Bereits als Junior wurde er 1988 Weltmeister in der Mannschaftsverfolgung (mit Dmitri Neljubin, Oleksandr Hontschenkow und Waleri Baturo). Im selben Jahr wurde er in derselben Disziplin sowjetischer Junioren-Meister; diesen Titelerfolg konnte er im Folgejahr auch bei den Amateuren erringen.

Den ersten Höhepunkt seiner Karriere hatte Bersin 1990, als er bei den Bahn-Weltmeisterschaften sowohl die Einerverfolgung wie auch die Mannschaftsverfolgung gewann (in der gleichen Besetzung wie zwei Jahre zuvor bei den Junioren) und im Punktefahren Fünfter wurde.

Nach diesen Erfolgen konzentrierte sich Bersin auf den Straßenradsport und wurde dazu Mitglied beim Moskauer Armee-Sportclub ZSKA. 1993 wechselte er zur von Emanuele Bombini geleiteten italienischen Amateurmannschaft Cuoril und gewann die Etappenrennen Course de la Solidarité Olympique und Ruban Granitier Breton.

Profi

Bombini gründete 1993 das Profiradsportteam Mecair-Ballan und verpflichtete Bersin auch für dieses Team. Bersin blieb bei diesem Team, welches mehrmals den Namen wechselte, bis 1997.

In seiner ersten Profisaison fuhr Jewgeni Bersin zunächst unauffällig und erreichte lediglich einen zweiten Platz bei der Lombardischen Woche und gewann die Bergwertung bei der Großbritannien-Rundfahrt. Er bestritt den Giro d’Italia 1993 als Domestik der Kapitäne Pjotr Ugrumov und Moreno Argentin und beendete die Rundfahrt auf dem 90. Rang.

Das Jahr 1994 war der Höhepunkt seiner Karriere. Zusammen mit seinen Teamkollegen Argentin und Giorgio Furlan dominierte Bersin die Flèche Wallonne, wo er auf Teamorder den beiden Älteren den Vortritt lassen musste.[1] Wenige Tage später gewann er nach einer Alleinfahrt mit 1:37 Minuten Vorsprung vor Lance Armstrong den Klassiker Lüttich–Bastogne–Lüttich. Beim Giro d’Italia entthronte Bersin Miguel Indurain, dem er sich am Berg und im Zeitfahren überlegen zeigte und gewann neben dem Maglia Rosa und dem Maglia Bianca auch drei Etappen.

Die Überlegenheit des Teams, welches mittlerweile Gewiss-Ballan hieß, nährte jedoch auch Dopingverdächtigungen. Dazu trug auch bei, dass das Team vom Mediziner Michele Ferrari betreut wurde, der in einem Interview 1994 den Gebrauch des Blutdopingmittels EPO verharmloste, worauf sich das Team von ihm trennte. Überdies wurde im Rahmen staatsanwaltlicher Ermittlungen bekannt, dass bei einem Bluttest am 24. Mai 1995 viele Fahrer der Mannschaft, darunter auch Bersin, Hämatokritwerte über 50 aufwiesen, was zwar kein Beweis, aber ein Indiz für Blutdoping darstellt.[1]

Bersin selbst trug auch dazu bei, Unruhe in das Team zu tragen. Er isolierte sich im Team mit seinen Äußerungen, er hätte den Giro d’Italia 1994 „auch ganz allein“ und „ohne Mannschaftsunterstützung“ gewonnen. Mit Ugrumov entwickelte sich eine regelrechte Fehde, wie beim Giro d’Italia 1995, als Bersin und Ugrumow sich gegenseitig attackierten, statt den Gesamtführenden Toni Rominger. Sie belegten trotzdem immerhin die Plätze zwei und drei. Anschließend versuchte Bersin aus dem bis Ende 1996 laufenden Vertrag auszusteigen, verlor jedoch hierüber einen Rechtsstreit. Infolge dieses Konflikts fuhr er nach dem Giro d’Italia 1995 nur noch zwei Rennen.[2]

Die durch das Jahr 1994 erweckten Erwartungen konnte Bersin nicht erfüllen. Den Giro d’Italia 1996 beendete er auf dem zehnten Platz. Im selben Jahr konnte er bei der Tour de France auf der ersten Bergetappe das Gelbe Trikot übernehmen und durch einen Zeitfahrsieg am nächsten Tag seinen Vorsprung ausbauen. Er verlor aber die Gesamtführung auf dem nächsten Abschnitt und fiel schließlich bis auf den 20. Rang zurück. In den nächsten Jahren spielte er in der Gesamtwertung der „Grand Tours“ und bei den Klassikern keine Rolle. Er nahm an den Olympischen Sommerspielen 1996 in Atlanta teil und belegte Rang 16 im Einzelzeitfahren. 1997 gewann er mit dem Grande Prémio Jornal de Notícias sein letztes internationales Radrennen.

Bersin stand im Aufgebot der Mobilvetta-Mannschaft für den Giro d’Italia 2000, durfte aber aufgrund eines erhöhten Hämatokritwerts und der sich hieraus ergebenden zweiwöchigen Schutzsperre nicht starten. Im Mai 2001 beendete er seine Radsport-Karriere.

Nach dem Sport

Nach Beendigung seiner sportlichen Laufbahn eröffnete Jewgeni Bersin in seiner neuen Heimatstadt Broni (Provinz Pavia, Lombardei, Italien) einen Autohandel[3] und richtet alljährlich das Criterium Internazionale di Broni aus.[4]

Erfolge

1988
  • Sowjetunion Sowjetischer Juniorenmeister – Mannschaftsverfolgung
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997

Grand Tours-Platzierungen

Grand Tour19931994199519961997199819992000
Maglia Rosa Giro d’ItaliaGiro9012102052DNS
Gelbes Trikot Tour de FranceTourDNF20DNF25
Goldenes Trikot Vuelta a EspañaVuelta
Legende: DNF: did not finish, aufgegeben oder wegen Zeitüberschreitung aus dem Rennen genommen. DNS: did not start, gemeldet, aber nicht gestartet.

Teams

Einzelnachweise

  1. a b cycling4fans.de: 1994/1995: Die Ära Gewiss-Ballan abgerufen am 18. Januar 2014
  2. Evgeni Berzin: Russian Roulette. cyclingnews.com, 9. Januar 2016, abgerufen am 9. Januar 2016 (englisch). 
  3. Originals vom 2. Februar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/sport.sky.it
  4. ricerca.gelocal.it vom 22. Mai 2005: A Broni tutti i big: il 31 la parata di stelle
  • Porträt auf cycling4fans.de
  • Jewgeni Walentinowitsch Bersin in der Datenbank von ProCyclingStats.com
  • Jewgeni Walentinowitsch Bersin in der Datenbank von Radsportseiten.net
  • Jewgeni Walentinowitsch Bersin in der Datenbank Mémoire du cyclisme (französisch)
  • Jewgeni Walentinowitsch Bersin in der Datenbank von Olympedia.org (englisch)
Gesamtsieger des Giro d’Italia

1909 Luigi Ganna | 1910, 1911 Carlo Galetti | 1912 Atala (nur Teamwertung) | 1913 Carlo Oriani | 1914 Alfonso Calzolari | 1919, 1923 Costante Girardengo | 1920 Gaetano Belloni | 1921, 1922, 1926 Giovanni Brunero | 1924 Giuseppe Enrici | 1925, 1927–1929, 1933 Alfredo Binda | 1930 Luigi Marchisio | 1931 Francesco Camusso | 1932 Antonio Pesenti | 1934 Learco Guerra | 1935 Vasco Bergamaschi | 1936, 1937, 1946 Gino Bartali | 1938, 1939 Giovanni Valetti | 1940, 1947, 1949, 1952, 1953 Fausto Coppi | 1948, 1951, 1955 Fiorenzo Magni | 1950 Hugo Koblet | 1954 Carlo Clerici | 1956, 1959 Charly Gaul | 1957 Gastone Nencini | 1958 Ercole Baldini | 1960, 1964 Jacques Anquetil | 1961 Arnaldo Pambianco | 1962, 1963 Franco Balmamion | 1965 Vittorio Adorni | 1966 Gianni Motta | 1967, 1969, 1976 Felice Gimondi | 1968, 1970, 1972–1974 Eddy Merckx | 1971 Gösta Pettersson | 1975 Fausto Bertoglio | 1977 Michel Pollentier | 1978 Johan De Muynck | 1979, 1983 Giuseppe Saronni | 1980, 1982, 1985 Bernard Hinault | 1981 Giovanni Battaglin | 1984 Francesco Moser | 1986 Roberto Visentini | 1987 Stephen Roche | 1988 Andy Hampsten | 1989 Laurent Fignon | 1990 Gianni Bugno | 1991 Franco Chioccioli | 1992, 1993 Miguel Indurain | 1994 Jewgeni Bersin | 1995 Tony Rominger | 1996 Pawel Tonkow | 1997, 1999 Ivan Gotti | 1998 Marco Pantani | 2000 Stefano Garzelli | 2001, 2003 Gilberto Simoni | 2002, 2005 Paolo Savoldelli | 2004 Damiano Cunego | 2006, 2010 Ivan Basso | 2007 Danilo Di Luca | 2008, 2015 Alberto Contador | 2009 Denis Menschow | 2011 Michele Scarponi | 2012 Ryder Hesjedal | 2013, 2016 Vincenzo Nibali | 2014 Nairo Quintana | 2017 Tom Dumoulin | 2018 Chris Froome | 2019 Richard Carapaz | 2020 Tao Geoghegan Hart | 2021 Egan Bernal | 2022 Jai Hindley | 2023 Primož Roglič | 2024 Tadej Pogačar

Weltmeister in der Einerverfolgung (Amateure)

1946 Roger Rioland | 1947 Arnaldo Benfenati | 1948, 1953 Guido Messina | 1949 Knud E. Andersen | 1950 Sydney Patterson | 1951 Mino De Rossi | 1952 Piet van Heusden | 1954 Leandro Faggin | 1955, 1958 Norman Sheil | 1957 Carlo Simonigh | 1959 Rudi Altig | 1960 Marcel Delattre | 1961 Henk Nijdam | 1962 Kaj E. Jensen | 1963 Jean Walschaerts | 1964–66 Tiemen Groen | 1967 Gert Bongers | 1968 Mogens Frey | 1969, 1970 Xaver Kurmann | 1971 Martín Emilio Rodríguez | 1973 Knut Knudsen | 1974 Hans Lutz | 1975 Thomas Huschke | 1977 Norbert Dürpisch | 1978, 1981, 1982 Detlef Macha | 1979 Nikolai Makarow | 1983 Wiktor Kupowez | 1985, 1986, 1989 Wjatscheslaw Jekimow | 1987 Gintautas Umaras | 1990 Jewgeni Bersin | 1991 Jens Lehmann

Anschließend wurde die Trennung zwischen Profis und Amateuren aufgehoben, weitere Resultate s. Weltmeister in der Einer-Verfolgung. Ab 1976 fand in Olympia-Jahren der Wettbewerb nicht statt.

1962 Deutschland Bundesrepublik Rudolph / Rohr / May / Claesges | 1963 Sowjetunion 1955 Belgardt / Tereschtschenkow / Moskwin / Romanow | 1964 Deutschland Bundesrepublik Claesges / Link / Henrichs / Streng | 1965 Sowjetunion 1955 Moskwin / Tereschtschenkow / Koljuschew / Wukolow | 1966 Italien Chemello / Castello / Roncaglia / Pancino | 1967 Sowjetunion 1955 Moskwin / Koljuschew / Bykau / Lācis | 1968 Italien Chemello / Bosisio / Morbiato / Roncaglia | 1969 Sowjetunion 1955 Moskwin / Kusnezow / Bykau / Kuskow | 1970 Deutschland Bundesrepublik Haritz / Hempel / Vonhof / Claußmeyer | 1971 Italien Algeri / Bazzan / Morbiato / Borgognoni | 1973 Deutschland Bundesrepublik Schumacher / Vonhof / Lutz / Haritz | 1974 Deutschland Bundesrepublik Schumacher / Vonhof / Lutz / Thurau | 1975 Deutschland Bundesrepublik Schumacher / Vonhof / Lutz / Braun | 1977 Deutschland Demokratische Republik 1949 Dürpisch / Mortag / Wiegand / Winkler | 1978 Deutschland Demokratische Republik 1949 Unterwalder / Mortag / Wiegand / Winkler | 1979 Deutschland Demokratische Republik 1949 Haueisen / Mortag / Grosser / Winkler | 1981 Deutschland Demokratische Republik 1949 Macha / Dittert / Grosser / Winkler | 1982 Sowjetunion Chrabzow / Krasnow / Mowtschan / Nikitenko | 1983 Deutschland Bundesrepublik Gölz / Günther / Strittmatter / Marx | 1985 Italien Amadio / Brunelli / Grisandi / Martinello | 1986 Tschechoslowakei Soukup / Trčka / Buchta / Černý | 1987 Sowjetunion Jekimow / Krasnow / Manakow / Chmelinin | 1989 Deutschland Demokratische Republik 1949 Blochwitz / Wolf / Liese / Fulst | 1990 Sowjetunion Baturo / Bersin / Neljubin / Hontschenkow | 1991 Deutschland Glöckner / Steinweg / Lehmann / Walzer

Weitere Ergebnisse siehe unter Weltmeister in der Mannschaftsverfolgung (Elite)

1892, 1893, 1894 Léon Houa | 1895–1907 nicht ausgetragen | 1908 André Trousselier | 1909 Victor Fastre | 1911 Joseph Vandaele | 1912 Omer Verschoore | 1913 Maurice Moritz | 1915–1918 nicht ausgetragen | 1919 Léon Devos | 1920 Léon Scieur | 1921, 1922 Louis Mottiat | 1923, 1924 René Vermandel | 1925 Georges Ronsse | 1926 Dieudonné Smets | 1927 Maurice Raes | 1928 Ernest Mottard | 1929, 1931, 1935 Alfons Schepers | 1930 Hermann Buse | 1932 Marcel Houvoux | 1933 François Gardier | 1934 Théo Herckenrath | 1936 Albert Beckaert | 1937 Eloi Meulenberg | 1938 Alphons Deloor | 1939 Albert Ritserveldt | 1940–1942 nicht ausgetragen | 1943, 1947 Richard Depoorter | 1944 nicht ausgetragen | 1945 Jan Engels | 1946, 1950 Prosper Depredomme | 1948 Maurice Mollin | 1949 Camille Danguillaume | 1951, 1952 Ferdy Kübler | 1953 Alois De Hertog | 1954 Marcel Ernzer | 1955 Stan Ockers | 1956, 1958, 1959 Fred De Bruyne | 1957 Germain Derycke und Frans Schoubben | 1960 Ab Geldermans | 1961 Rik Van Looy | 1962 Jef Planckaert | 1963 Frans Melckenbeeck | 1964 Willy Bocklant | 1965 Carmine Preziosi | 1966 Jacques Anquetil | 1967 Walter Godefroot | 1968 Valère Van Sweevelt | 1969, 1971, 1972, 1973, 1975 Eddy Merckx | 1970 Roger De Vlaeminck | 1974 Georges Pintens | 1976, 1978 Joseph Bruyère | 1977, 1980 Bernard Hinault | 1979 Dietrich Thurau | 1981 Josef Fuchs | 1982 Silvano Contini | 1983 Steven Rooks | 1984, 1989 Sean Kelly | 1985, 1986, 1987, 1991 Moreno Argentin | 1988 Adrie van der Poel | 1990 Eric Van Lancker | 1992 Dirk De Wolf | 1993 Rolf Sørensen | 1994 Jewgeni Bersin | 1995 Mauro Gianetti | 1996 Pascal Richard | 1997, 1998 Michele Bartoli | 1999 Frank Vandenbroucke | 2000, 2002 Paolo Bettini | 2001 Oscar Camenzind | 2003 Tyler Hamilton | 2004 Davide Rebellin | 2005, 2010 Alexander Winokurow | 2006, 2008, 2015, 2017 Alejandro Valverde | 2007 Danilo Di Luca | 2009 Andy Schleck | 2011 Philippe Gilbert | 2012 Maxim Iglinski | 2013 Daniel Martin | 2014 Simon Gerrans | 2016 Wout Poels | 2018 Bob Jungels | 2019 Jakob Fuglsang | 2020 Primož Roglič | 2021, 2024 Tadej Pogačar | 2022, 2023 Remco Evenepoel

Personendaten
NAME Bersin, Jewgeni Walentinowitsch
ALTERNATIVNAMEN Berzin, Eugeni; Берзин, Евгений Валентинович (russisch); Berzin, Eugenio (italienisch); Bersin, Jewgeni (deutsch); Berzin, Jewgeni; Berzin, Evgueni
KURZBESCHREIBUNG russischer Straßen- und Bahnradrennfahrer
GEBURTSDATUM 3. Juni 1970
GEBURTSORT Wyborg, Sowjetunion