Franz Dirlmeier

Franz Dirlmeier (* 22. November 1904 in Donauwörth; † 9. Juni 1977 in Vathy auf Ithaka) war ein deutscher Klassischer Philologe. Dirlmeier hatte Professuren in München (1941), Mainz (1946), Würzburg (1951) und Heidelberg (1959).

Leben

Bis Ende des Zweiten Weltkriegs

Franz Dirlmeier studierte Klassische Philologie an der Universität München, wo ihn Eduard Schwartz am meisten beeinflusste. Nach seiner Promotion bei Rudolf Pfeiffer und Albert Rehm (1931) arbeitete er von 1931 bis 1934 als Lektor an der Universität Belgrad. Während der Zeit des Nationalsozialismus war Dirlmeier ein profilierter Vertreter der herrschenden Ideologie. Er war 1933 Mitbegründer der Belgrader NSDAP-Ortsgruppe und trat der Partei offiziell zum 1. Februar 1934 bei (Mitgliedsnummer 3.401.862).[1] Sein parteipolitisches Engagement hatte zur Folge, dass sein Vertrag in Belgrad im Sommer 1934 nicht verlängert wurde. Dirlmeier kehrte nach München zurück, um sich dort zu habilitieren. Er arbeitete in München als Assistent und gab Elementarkurse für die Studenten. Seine Kurse mit Titeln wie Die Schöpfung der ersten nordischen, autonomen Ethik durch Aristoteles waren stark ideologisch verbrämt. Dirlmeier engagierte sich im Nationalsozialistischen Deutschen Dozentenbund und im Nationalsozialistischen Lehrerbund, bei dem er seit 1935 Vertrauensmann an der Universität München und seit 1937 Mitglied des Gaustabs war.

Unmittelbar nach seiner Habilitation, die von Rehm und Pfeiffer betreut und unterstützt wurde, erhielt Dirlmeier eine Dozentenstelle an der Universität München. Er vertrat ab 1937 die Professur seines Lehrers Pfeiffer, der als Ehemann einer Jüdin entlassen worden und nach England emigriert war. Bei der Neubesetzung der Professur bewarb er sich und zeigte sich auch hier als Opportunist, indem er mehrere Eingaben an das Amt Rosenberg schrieb. Seinen Opportunismus übertrug er auch auf seine Studenten. So riet er dem Studenten Franz Josef Strauß 1937, dem NSKK beizutreten.[2] So wurde er 1938 im Zuge einer Hausberufung zum Lehrstuhlnachfolger und ordentlichen Professor ernannt. Bei seiner Berufung spielten seine fachliche und seine politische Qualifikation gleichermaßen eine Rolle. Bei der Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe e. V. leitete Dirlmeier ab 1939 zudem die Abteilung Klassische Philologie und Altertumskunde.[3] Seit dem Sommersemester 1941 war Dirlmeier Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität. 1940 wurde er zum ordentlichen Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gewählt.[4]

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Franz Dirlmeier im Dezember 1945 entlassen und musste sich dem Entnazifizierungsverfahren stellen. Er vermied eine Aufarbeitung seiner belastenden Vergangenheit, indem er in die französische Besatzungszone wechselte, wo die Entnazifizierung weniger streng gehandhabt wurde als in der amerikanischen.[5] Hier fand Dirlmeier an der neu gegründeten Universität Mainz bereits im Wintersemester 1945/46 eine Anstellung als wissenschaftlicher Mitarbeiter; 1946 wurde er zum ordentlichen Professor und Lehrstuhlinhaber für Klassische Philologie ernannt. 1951 folgte er einem Ruf an die Universität Würzburg, 1959 an die Universität Heidelberg, wo er bis zu seiner Emeritierung (1970) blieb. Seit 1961 war er ordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, bei der er auch einige Jahre lang Sekretar der philosophisch-historischen Klasse war. Seinen Ruhestand verbrachte er mit seiner Frau auf der griechischen Insel Ithaka, wo er im Sommer 1977 im Alter von 72 Jahren starb. Einer seiner Schüler ist Herwig Görgemanns.

Forschungsschwerpunkte

Franz Dirlmeier konzentrierte seine Forschungsarbeit besonders auf die drei ethischen Schriften des Aristoteles: die Eudemische Ethik, die Nikomachische Ethik und die Magna Moralia. Während er in seiner frühen Laufbahn den Ansatz Werner Jaegers verfolgte und die Eudemische Ethik dem jungen Platon-Schüler Aristoteles, die Nikomachische Ethik dem reiferen Aristoteles zuschrieb und die Magna Moralia für unecht erklärte, näherte er sich in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg der von Hans von Arnim vertretenen Position an. Seine Übersetzung der Nikomachischen Ethik ist heute noch in Gebrauch.

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Apollon. Gott und Erzieher des hellenischen Adels. 1939.

Literatur

  • Albrecht Dihle: Franz Dirlmeier 22.11.1904 – 9.6.1977. In: Jahrbuch der Heidelberger Akademie der Wissenschaften für das Jahr 1978. Heidelberg 1979, S. 77–79.
  • Herwig Görgemanns: Franz Dirlmeier †. In: Gnomon. Band 50, 1978, S. 702–704 (mit Bild).
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. 2. Auflage. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8. 
  • Jula Kerschensteiner: Die Chronik des Seminars für Klassische Philologie der Universität München in den Kriegsjahren 1941–1945. In: Eikasmós. Band 4, 1993, S. 71–74.
  • Maximilian Schreiber: Altertumswissenschaften im Nationalsozialismus. In: Elisabeth Kraus (Hrsg.): Die Universität München im Dritten Reich (= Beiträge zur Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität München. Bd. 1). Band 1. Utz, München 2006, S. 181–248.

Weblinks

  • Franz Dirlmeier im Mainzer Professorenkatalog

Anmerkungen

  1. Bundesarchiv R 9361-VIII KARTEI/6381335.
  2. Franz Josef Strauß – FAQ.
  3. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Frankfurt am Main 2007, S. 113.
  4. Mitgliedseintrag von Franz Dirlmeier bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 26. Januar 2017.
  5. Maximilian Schreiber: Altertumswissenschaften im Nationalsozialismus. In: Elisabeth Kraus (Hrsg.): Die Universität München im Dritten Reich. Band 1. München 2006, S. 181–248, hier: S. 245.

Erster Lehrstuhl (Lateinische Philologie): Friedrich Ast (1826–1841) | Franz Hocheder (1842–1844) | Ernst von Lasaulx (1844–1847) | Leonhard Spengel (1847–1880) | Eduard Wölfflin (1880–1905) | Friedrich Vollmer (1905–1923) | Johannes Stroux (1924–1935) | Rudolf Till (1938–1945) | Franz Egermann (1951/62–1970) | Werner Suerbaum (1970–2001) | Claudia Wiener (seit 2003)

Zweiter Lehrstuhl (Griechische Philologie II): Friedrich Thiersch (1826–1859) | Wilhelm von Christ (1860–1903) | Otto Crusius (1903–1918) | Eduard Schwartz (1919–1929) | Rudolf Pfeiffer (1929–1937) | Franz Dirlmeier (1938–1945) | Rudolf Pfeiffer (1951–1957) | Kurt von Fritz (1958–1968) | Uvo Hölscher (1970–1982) | Hellmut Flashar (1982–1997) | Martin Hose (seit 1997)

Dritter Lehrstuhl (Griechische Philologie I): Conrad Bursian (1874–1883) | Rudolf Schöll (1885–1893) | Iwan von Müller (1893–1906) | Albert Rehm (1906–1936) | Richard Harder (1941–1945) | Friedrich Klingner (1947–1963) | Carl Becker (1963–1973) | Ernst Vogt (1975–1999) | Oliver Primavesi (seit 2000)

Vierter Lehrstuhl (Lateinische Philologie): Carl von Prantl (1859–1888) | Carl Weyman (1905–1931) | Wilfried Stroh (1976–2005) | Therese Fuhrer (seit 2013)

Professur für Klassische Philologie/Fachdidaktik: Karl Felix Halm (1856–1882) | Markus Janka (seit 2007)

Professur für Lateinische Philologie der Antike: Niklas Holzberg (1988–2011)

Gräzistik: Franz Dirlmeier (1946–1951) | Walter Marg (1953–1975) | Joachim Latacz (1978–1981) | Arbogast Schmitt (1981–1991) | Christoph Riedweg (1993–1996) | Jochen Althoff (seit 1998)

Latinistik I: Wilhelm Süß (1946–1950) | Andreas Thierfelder (1950–1971) | Jürgen Blänsdorf (1971–2004) | Christine Walde (seit 2005)

Latinistik II: Erich Reitzenstein (1960–1965) | Willy Schetter (1965–1972) | Antonie Wlosok (1973–1998) | Wilhelm Blümer (seit 2001)

Inhaber der Lehrstühle für Klassische Philologie an der Universität Würzburg

Erster Lehrstuhl: Bonaventura Andres (1783–1809) | Ferdinand Blümm (1809–1821) | Peter von Richarz (1821–1835; zuvor seit 1817 ao. Prof.) | Ernst von Lasaulx (1837–1844; zuvor seit 1835 ao. Prof.) | Franz Josef Hermann Reuter (1844–1867) | Wilhelm Studemund (1869–1870; zuvor seit 1868 a.o. Prof.) | Martin Schanz (1874–1912; zuvor seit 1870 ao. Prof.) | Carl Hosius (1913–1933) | Josef Martin (1933–1952) | Rudolf Güngerich (1953–1968) | Carl Joachim Classen (1969–1973) | Udo W. Scholz (1974–2007) | Thomas Baier (seit 2008)

Zweiter Lehrstuhl (bis 1899 auch für klassische Archäologie, 1900–1919 außerordentliche Professur): Ludwig von Urlichs (1855–1889) | Karl Sittl (1889–1899) | Thomas Stangl (1900–1921)

Dritter Lehrstuhl: Franz Boll (1903–1908) | Otto Stählin (1908–1913) | Engelbert Drerup (1913–1923) | Friedrich Pfister (1924–1951) | Franz Dirlmeier (1951–1959) | Ernst Siegmann (1960–1981) | Thomas A. Szlezák (1983–1990) | Michael Erler (1991–2019) | Jan Stenger (seit 2020)

Professur für Klassische Philologie: Bernd Manuwald (1981–1983) | Ludwig Braun (1985–2008) | Christian Tornau (seit 2009)

Inhaber der Lehrstühle für Klassische Philologie an der Universität Heidelberg

Erster Lehrstuhl: Friedrich Creuzer (1800–1845) | Leonhard Spengel (1841–1847) | Hermann Köchly (1864–1876) | Curt Wachsmuth (1877–1886) | Erwin Rohde (1886–1898) | Otto Crusius (1898–1903) | Albrecht Dieterich (1903–1908) | Franz Boll (1908–1924) | Otto Regenbogen (1925–1935) | Hildebrecht Hommel (1937–1945) | Otto Regenbogen (1945–1959) | Franz Dirlmeier (1959–1970) | Herwig Görgemanns (1972–1997)

Zweiter Lehrstuhl: August Boeckh (1807–1811) | Heinrich Voß (1809–1822) | Johann Christian Felix Bähr (1823–1872) | Uvo Hölscher (1962–1970) | Albrecht Dihle (1974–1989) | Glenn W. Most (1991–2001) | Jonas Grethlein (seit 2008)

Dritter Lehrstuhl: Karl Ludwig Kayser (1863–1872) | Otto Ribbeck (1872–1877) | Fritz Schöll (1877–1918) | Otto Weinreich (1918–1921) | Karl Meister (1921–1949) | Viktor Pöschl (1950–1976) | Hubert Petersmann (1981–2001) | Gerrit Kloss (seit 2003)

Vierter Lehrstuhl: Michael von Albrecht (1964–1999) | Jürgen Paul Schwindt (seit 2000)

Lehrstuhl für Papyrologie: Dieter Hagedorn (1981–2001) | Andrea Jördens (seit 2004)

Normdaten (Person): GND: 140255591 (lobid, OGND, AKS) | LCCN: n82036276 | VIAF: 69371859 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Dirlmeier, Franz
KURZBESCHREIBUNG deutscher Klassischer Philologe
GEBURTSDATUM 22. November 1904
GEBURTSORT Donauwörth
STERBEDATUM 9. Juni 1977
STERBEORT Vathy (Ithaka)